"Noch drei Tage. Am Sonntag ist Bundestagswahl. Das wissen Sie. Und auch, warum es so wichtig ist, wählen zu gehen. Die Demokratie lebt in ihrem Wesen von diesem Zusammenhang: Ein Mensch, eine Stimme. Das ist ein sehr schnörkelloses Prinzip, ohne Haken. Gut so. Wahltag ist das Hochamt der Demokratie. So weit so gut – so vertraut auch, könnten Sie denken und sich fragen, warum ich als Bischof etwas dazu sage. Ist das nicht Sache der Politikerinnen und Politiker bzw. der Vertreter des Staates? Was hat die Kirche hier zu sagen und warum? Ich will zwei gute Gründe nennen. Und ich verspreche, es gibt keinen Haken dabei.  

Erstens: Es gibt eine gewisse Ähnlichkeit zwischen dem Wesen der Demokratie und dem des Glaubens. Es kommt auf jeden Einzelnen, jede Einzelne an. Vor Gott zählt jeder Mensch in seiner Individualität, in seiner Besonderheit. Jeder und jede hat in gleicher Weise Würde von Gott – wir sagen mit den Worten der Bibel: ist nach Gottes Bild geschaffen. Jeder und jede ist deshalb auch gleich unmittelbar zu Gott, kann direkt zu ihm sprechen, beten. Das ist ein Urgedanke gerade auch Martin Luthers gewesen. Du bist unmittelbar zu Gott. In der schnörkellosen Hochschätzung des einzelnen Menschen spürt man die Ähnlichkeiten, ja in gewisser Weise ist die moderne Demokratie eine späte Folge dieser Reformationsgedanken.

Zweitens: Ohne jeden Haken folgt daraus, dass sich Christinnen und Christen für die Würde aller Menschen einsetzen. Dass sie genau gucken, wo das Miteinander zählt. Und wo im Miteinander der Einzelne zählt. Wo Teilhabe vorne steht. Oder wo hingegen Menschen herabgewürdigt werden, wo ihnen und durch wen ihnen Würde genommen wird. Da steht der Glaube dagegen. Die Kirche wirbt also nicht für das Kreuz für eine bestimmte Partei. Sondern für die christliche Grundhaltung, ihre Werte. Sie fragt, wer diese Werte vertritt. Und wer nicht. Prüfet alles und das Gute behaltet – heißt das biblische Jahresmotto für dieses Jahr. Das passt zu Sonntag. Und dabei ist ja auch sehr klar: Das christliche, also unser Kreuz hat keine Haken."

BZ-Kolumne vom 20.2.25, Quelle: www.ekbo.de