Neue Strukturen und eine Vision
Es ist deutlich, dass sich beim Umweltschutz wie auch den kirchlichen Strukturen was ändern muss – Nur der eine Weg dorthin, der Königsweg, ist selten zu finden.
Von Pfarrer Tileman Wiarda, Ev. Pfarrsprengel Nuthe-Fläming
In dieser zu Ende gehenden Woche habe ich, gemeinsam mit einigen Kolleginnen und Kollegen, viele Stunden damit zugebracht, über Strukturen nachzudenken. Nicht, dass Sie jetzt denken, mir macht sowas Spaß – ganz im Gegenteil. Aber es war ein Auftrag von unserer Kirchenkreisebene, der uns erreicht hatte, also von „oben“.
Dem haben wir uns folglich gebeugt, und was soll ich sagen, es war nicht nur furchtbar. Am Ende der drei vollgepackten Tage standen viele vollgeschriebene Blätter Papier sowie die Erkenntnis, dass vielleicht tragfähig sein könnte, was wir uns da ausgedacht haben, nicht nur in diesem Augenblick, sondern für die nächsten fünf bis zehn Jahre – und weiter kann man ja in diesen Zeiten gar nicht denken.
Dass nicht alles so bleiben kann wie es immer war, davon wird derzeit an (zu) vielen Stellen geredet, da macht die Kirche keine Ausnahme. Die Gefahr ist allerdings, dass dabei Lebensleistungen und die klugen Gedanken der letzten Jahrzehnte in Vergessenheit geraten.
Wenn die „Letzte Generation“ ihre berechtigten Sorgen und Ängste benennt, übersieht sie dabei, so scheint mir häufig, dass sie zumindest nicht die erste Generation ist, die sich über die Umwelt Gedanken gemacht hat. Und schätzt zugleich die Verdienste derer gering, die vor uns das Ihre in die Waagschale geworfen haben, um unsere Welt zu einem besseren, (über)lebensmöglichen Ort zu machen.
Wenn die jungen Kolleginnen und Kollegen in unseren Kirchengemeinden uns Ältere vorzumachen versuchen, wie gut man mit Pop-Up-Taufen und schicken neuen, gern auch digitalen, Gottesdienstformaten Menschen wieder in die Kirchen zurückholen kann, haben sie vielleicht manchmal nicht so recht im Hinterkopf, dass vor über 50 Jahren ein Pfarrer aus Berlin mit Namen Ernst Lange Formate für Gottesdienste und kirchliches Leben ausprobiert hat, bei denen wir heute mit den Ohren schlackern würden. Die alten Schläuche, in die wir gern neuen Wein schütten möchten, sind bei näherem Zusehen bisweilen schon ganz gut gefüllt mit einem feinen, alten Tropfen, der sehr gut munden würde, wenn wir ihn wieder einmal ausprobieren würden.
Dennoch: Dass sich was ändern muss, ist deutlich, beim Umweltschutz wie bei den kirchlichen Strukturen – und übrigens auch an vielen anderen Stellen. Nur führen eben viele Wege zum Ziel – und es tut gut, sich vor Augen zu halten, dass der eine, der Königsweg, selten zu finden ist.
Wir haben uns als Pfarrsprengel Nuthe-Fläming, das ist ein nicht juristischer, aber vielfach inhaltlicher Zusammenschluss der fünf evangelischen Kirchengemeinden in und um Jüterbog herum, entschieden, neu aufzubrechen in eine Zukunft, die wir selbst heute noch gestalten können und von der wir uns nicht treiben lassen möchten. Wo wir im Jahr 2030 stehen werden, ist dabei noch nicht ganz klar.
Eine Vision haben wir auf jeden Fall: Wir wollen Gemeinde Jesu Christi bleiben und wieder mehr werden in dem Sinne, in dem er Gemeinde wohl am ehesten gedacht haben würde: Als Verband von Geschwistern im Glauben daran, dass es mehr gibt als wir Menschen oft vor Augen haben. Als Gemeinschaft, die füreinander einsteht, miteinander feiert und Freude wie Traurigkeit teilt. Wie viele Kirchengebäude und Pfarrstellen wir dafür brauchen, um das zu erreichen, das wissen wir auch nicht.
Aber vielleicht ist es ja auch gar nicht so wichtig, darüber ständig neu nachzugrübeln. Vielleicht ist unsere Aufgabe ja eine ganz andere, egal ob alt oder jung, ob modern oder altbacken: Zu berichten von der Freude, die es macht, sich mit anderen auf einem Weg zu wissen.
Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Wochenende.